Praktikum – Last oder Geschenk?

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Du willst ein Praktikum machen? Das ist toll!
Du musst ein Praktikum machen? Das kann toll werden.

Wie ein angehender Praktikant der Tatsache, dass er sich in der Praxis beweisen soll, ins Auge sieht, hängt weitgehend davon ab, aus welchem Grund er ein Praktikum absolvieren wird. Ist es ein Pflichtpraktikum von der Schule aus, sehen es die jungen Praktikanten meist eher als lästige Pflicht und geben sich oft auch nicht die größte Mühe, einen guten Praktikumsplatz zu finden. Die bequemste Variante wird am liebsten genutzt – die Firma in denen die Eltern arbeiten oder ein anderer naher Verwandter. Das ist wirklich schade, denn nur wer sich richtig Gedanken macht, kann von einem Praktikum auch profitieren.

Praktikum – wer braucht das?

Die Gründe für ein Praktikum sind vielseitig. Neben der beruflichen Orientierung oder Neuorientierung, dient ein Praktikum auch dazu, erworbenes theoretisches Wissen in der Praxis anwenden zu lernen, um Zusammenhänge noch besser herstellen und verstehen zu können oder psychische und physische Möglichkeiten abzuchecken.

Wir haben mal eine kleine Übersicht für euch gebastelt, wer aus welchem Grund ein Praktikum machen könnte:

ZielgruppeGrundZiel des Praktikums
SchülerPflichtpraktikum von der Schule ausBerufsorientierung

 

Kennenlernen der Berufe, um sich für den richtigen Beruf entscheiden zu können

UmschülerPflichtpraktikum im Rahmen einer UmschulungErwerb von Praxiskenntnissen und Verknüpfung von Theorie und Praxis.

 

Dieses Praktikum ist so zu sehen wie die betrieblichen Ausbildungsanteile bei einer dualen Ausbildung.

Studenten oder Schüler auf BerufskollegsPflichtpraktikum im Rahmen des Studiums oder des BKErwerb von Praxiskenntnissen und Verknüpfung von Theorie und Praxis
ArbeitsloseFreiwilliges oder Pflichtpraktikum oder EignungsfeststellungPraktikum im Vorfeld einer Arbeitsaufnahme, um sich für die ausgeschriebene Stelle besser darstellen zu können oder eine Feststellung der Eignung von Seiten der Arbeitsagentur ein (persönliche und fachliche Eignung), um eventuell Schulungsbedarf oder Gesundheitsförderungsbedarf zu ermitteln. Pflichtpraktikum oder Eignungsfeststellungen finden meistens im Rahmen von Coachingmaßnahmen statt, die durch Arbeitsagenturen oder Jobcenter finanziert oder auch durchgeführt werden.
Rehabilitanden und BerufsunfähigePraktikum auf Bestreben der Rentenkasse oder anderer KostenträgerBerufliche Orientierung, Neuorientierung oder Feststellung der Eignung für einen Beruf, meist bevor eine Umschulung von einem Kostenträger bewilligt wird oder ein sehr diffuses Krankheitsbild vorliegt, wo es kaum Vorstellungen davon gibt, was beruflich überhaupt noch möglich ist
Auszubildende in bestimmten BerufenAnerkennungspraktikumErzieher in der schulischen Ausbildung brauchen ein einjähriges Anerkennungspraktikum, um den Berufsabschluss vollständig anerkannt zu bekommen. Auch andere Ausbildungsberufe die an schulische Ausbildungen gebunden sind, haben diese Regelungen für unterschiedlich lange Zeiträume (Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Kinderpfleger u.a.)

Praktikum – ein echter Chancenzeiger

Wenn du die Gelegenheit hast, ein Praktikum machen zu dürfen, so solltest du es auch als wirkliche Chance nutzen und sehen.  Gerade als Schüler gibt es dir die Möglichkeit, einen Beruf oder Betrieb kennenzulernen, den du für deine Berufswahl ins Auge gefasst hast.

Die meisten Ausbildungen werden abgebrochen, weil Azubis nicht gut genug über einen Beruf informiert sind und völlig falsche Erwartungen in Bezug auf ihre Ausbildung haben. Dem kannst du entgehen, indem du in deinen Wunschberuf reinschnupperst. Du wirst sehen, dass nicht jede Arbeit gleich angenehm ist, erkennen, dass der Job vielleicht mehr körperliche Fitness verlangt als du aktuell aufbringen kannst oder die Art der Tätigkeit deinen Interessen völlig widerspricht. Diese Erkenntnisse helfen dir bei weiteren Entscheidungen in Hinsicht auf Beruf und Ausbildung. An deiner körperlichen Fitness kannst du bis zum Ausbildungsbeginn noch arbeiten und wenn ein Beruf sich als totale Enttäuschung für dich erweist, bleibt dir noch Zeit genug, dich mit anderen Berufen auseinander zu setzen.

Niemand zwingt dich, ein Praktikum zu Ende zu absolvieren, wenn du merkst, dass du dem Job nicht gewachsen bist oder du erkennst, dass dies nicht das richtige ist. Es wird jedoch erwartet, dass du nicht nur abbrichst und abwartest, sondern dass du eine nächste Chance suchst und ergreifst. Je mehr Unternehmen und Berufe du kennen lernst, desto mehr Anhaltspunkte hast du bei deiner Entscheidungsfindung. Es ist auch gestattet ein Praktikum ganz ohne Zwang außerhalb von Schulzeiten zu machen. Arbeitnehmer die sich umorientieren wollen opfern manchmal sogar Urlaubstage für ein Praktikum – und das richtig gern.

Die Wahl des Praktikumsbetriebes

Die richtigen Firmennamen in deinem Lebenslauf können Stufen auf deiner Karriereleiter sein. Selbst wenn du dort nur ein Praktikum absolviert hast, weiß jeder Arbeitgeber, dass du schon früh dein langfristiges Ziel im Auge hattest. Es ist bei weitem nicht so bequem bei einem namhaften Autohersteller zu arbeiten, wie in seinen Nobelkarossen zu sitzen. Das weiß die Branche und es spricht für dich, dass du früh hohe Ansprüche an dich selbst gestellt hast, wenn BMW, Mercedes und Audi in deinem Lebenslauf auftauchen. Das gilt natürlich auch für alle anderen Branchen. Jede große und bekannte Firma wurde nur durch harte Arbeit groß und wer die im Allgemeinen leisten muss, ist jedem Arbeitgeber klar.

Nimm also ruhig die Unbequemlichkeit in Kauf, einen weiteren Weg zum Praktikumsbetrieb zu haben, wenn er in der Branche in der du arbeiten willst, einen guten Namen hat und das Praktikum dort für dich interessant ist.

Der Name allein tut es natürlich auch nicht. Wichtig ist auch, dass die Praktikumsinhalte zu deinem später angestrebten Berufsziel passen und dass du vorher klärst, wer dein Praktikumsbetreuer sein wird. Ein persönlicher Ansprechpartner kann dir Fragen beantworten und wird dir je nachdem wie motiviert und geeignet du dich zeigst, die Jobs zuweisen, die du ausführen darfst.

Besonders schwierig ist es für die Praktikumsplatzsuchenden, die sich aus gesundheitlichen Gründen umorientieren müssen. Hier soll die Belastbarkeit getestet werden, das heißt der Praktikant stellt vielleicht fest, dass er der Arbeit nicht gewachsen ist oder keine ganze Schicht durchhalten kann. Für diese besonderen Anforderungen an einen Betrieb kann das Integrationsamt Tipps geben, mit welchen Firmen bereits erfolgreich zusammengearbeitet wurde. Zum einen bringen diese mehr Verständnis auf und zum anderen wissen sie auch, worauf sie sich einlassen.

Was das Praktikum für eine Firma bedeutet

Damit du einen Praktikumsplatz auch richtig zu schätzen lernst, wollen wir dir kurz erklären, was ein Praktikant für eine Firma bedeutet.

  1. Fremde im Unternehmen
  2. Verlust einer halben Arbeitskraft für die Zeit des Praktikums
  3. zusätzliche Kosten bei bezahltem Praktikum oder für Beiträge zu Berufsgenossenschaft etc.

Fremde im Unternehmen

In jedem Arbeits- oder Praktikumsvertrag steht eine Schweigepflichtserklärung. Doch dass die unterschrieben wird, schützt ja nicht vor unerwünschtem Informationsfluss nach außen. So kannst du als Praktikant ggf. sensible Daten des Unternehmens einsehen oder schnappst aus Mitarbeitergesprächen Informationen über Querelen im Betrieb auf, die du unbewusst weiter gibst. Und schon kursieren Gerüchte über das Unternehmen, die kein Chef gern hören wird. Besonders heikel ist es, wenn zukünftige Projekte oder Vorhaben des Unternehmens besprochen werden und solche Informationen nach außen dringen. Vorsatz schließen wir bei jedem Praktikanten aus, aber unbewusste Datenweitergabe ist nicht zu kontrollieren. Daher geht das Unternehmen immer ein Risiko ein, wenn es einen Praktikanten in sein Unternehmen aufnimmt und du solltest dich geehrt fühlen, dass man dir so viel Vertrauen entgegen bringt.

Verlust einer halben Arbeitskraft

Dein Praktikumsbetreuer soll dich begleiten, dich anleiten, deine Fragen beantworten. Wenn er das tut und dich intensiv betreut, bleibt mindestens die Hälfte seiner Arbeit liegen. Selbst wenn du ihm fleißig und so gut du kannst hilfst, seid ihr zwei zusammen nicht 100 % leistungsfähig. Das ein Unternehmen diesen temporären Verlust von Arbeitskraft in Kauf nimmt, zahlt sich später vielleicht wieder aus, wenn du dort eine Ausbildung beginnst und schon einiges weißt oder eine Stelle annimmst und sich deine Einarbeitungszeit verkürzt. In dem Moment wo die Entscheidung für dich als Praktikanten fällt, weiß die Firma aber noch nicht worauf sie sich einlässt und du bist erst einmal nur ein einziger Risikofaktor.

Zusätzliche Kosten

Wenn du dein Praktikum über die Schule, die Uni oder die Arbeitsagentur machst, bist du in der Regel dort versichert. Doch Unternehmen suchen ja auch bezahlte Praktikanten oder ein Student möchte neben seinem Studium ein ganz freiwilliges Praktikum machen, dann entstehen zusätzliche Kosten für die Versicherung und bei Entgeltzahlungen ja sowieso. Die muss ein Unternehmen erst einmal erwirtschaften. Gerade Praktikanten, die in Kursen von der Arbeitsagentur sind, sehen sich manchmal auch als billige Arbeitskraft missbraucht. Dass dies nicht der Fall ist, sollte spätestens jetzt klar sein. Denn auch der Mitarbeiter, der nur 50 % arbeiten kann, weil er dich betreut, kriegt sein volles Gehalt – sonst würde sich wohl auch kaum jemand finden, der sich um einen Praktikanten kümmert.

Fazit

Ein Praktikum ist ein großes Geschenk an dich. Wenn du es als Zwang siehst und keinen Bock drauf hast, tust du dir und den Unternehmen einen großen Gefallen, wenn du dich für die Zeit einfach krank meldest. Wenn du die Chance für dich aber nutzen willst, dann kannst du für dich folgende Fragen klären:

  • Gefällt mir der Beruf? (Art der Tätigkeiten, Materialien mit denen du arbeitest, die Bedingungen unter denen du arbeitest, die Einsatzorte wie Büro, Labor, Baustelle)
  • Bin ich dem Beruf gewachsen? (Wissen – welche Fächer sind wichtig und bin ich da gut drin?, körperlich – schaffe ich das gesundheitlich, kann ich bei jedem Wetter draußen stehen, halte ich den Geruch am Arbeitsplatz aus usw.)
  • Welche Berufe gibt es in dem Unternehmen überhaupt? Wird ausgebildet?
  • Gefällt mir der Betrieb? (Kollegen, die Arbeitsmittel, die Erreichbarkeit)

Außerdem bekommst du in Gesprächen mit Kollegen und Auszubildenden Informationen über die du nachdenken kannst, bevor du dich für eine Bewerbung oder einen Stellenantritt dort entscheidest. Betriebsklima, Angebote des Unternehmens zur Gesundheitsförderung, Karrieremöglichkeiten, Fortbildungsmöglichkeiten innerhalb des Unternehmens usw.

Jede Erkenntnis, die du aus einem Praktikum ziehst ist ein Gewinn. War das Praktikum positiv und du entscheidest dich, dort eine Ausbildung zu machen oder eine Stelle anzutreten, weißt du schon worauf du dich einlässt und wirst als „alter Bekannter“ begrüßt, wenn du wieder kommst. Lief das Praktikum nicht so toll und du sagst nein danke, weißt du was dir erspart bleibt und du kannst dich auf andere Dinge konzentrieren.


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